17.Nov 2008

viel moos.

die finanzkrise ist nichts für uns arme. egal ob wir kredite, sparbücher oder gar aktien haben, es gibt immer den leichen aufruf: ruhe bewahren! langfristig denken! dies ist wohl auch als abwandlung des jahrelangen övp-wahlspruchs “hände falten, goschen halten” zu verstehen. wenn unsereins dies aber mal parodieren will, ist sofort feuer am dach. nach einer idee des medien-kollektivs jenseide haben verschiede menschen bei ebay geld versteigert. es gab gewaltiges medienecho, ebay löschte die auktion, weil sie ihrer policy widersprach, sogar die faz sah sich genötigt darüber zu berichten. der allgemeine tenor: skurrile blüte der krise. dass banken um 1 euro zu haben sind entspricht allerdings einer höheren vernunft, die journalistisch nicht aufregt.

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28.Oct 2008

übel nachreden.

das ableben eines landeshauptmanns ist mir selbst keines textes wert und die letzte offene frage, wer seine armbanduhr hat, wird sich klären lassen. fürs archiv möchte ich drei bearbeitungen gesichert wissen:

1) elfriede jelinek

Von Ewigkeit zu Ewigkeit

Das Entscheidende am Erlöser ist, daß er kommt, daß er im Kommen ist. Nie geht er. Der Erlöser ist unsterblich, weil er im Kommen gewesen ist und nicht gehen konnte, obwohl er schließlich gegangen ist. Aber ein ordentliches Gehen ist das nie! Wird das nie! Der Erlkönig rast so spät, bei Nacht und Wind, über die Straßen, und die Nebel steigen. Vielleicht streckt er eine Hand, die nicht Halt sucht, nach seinem Handy aus, das wie für seine Hand gemacht ist. Der Geliebte, der vom Erlöser erlöst werden möchte, sein Lieblingsjünger, der Johannes, ist dran, ja, am Apparat, wer denn sonst?, das ist ein Individualtelefon, der Erlöser, ein Meister des Dazwischen und Inzwischen, aber nie des Daseins, nie des Angekommenseins (und er wird auch nie ankommen!), streckt sein Wesen in die Höhe wie ein verspieltes Tier seine Pfoten, ein Tier, das seinen Körper genießt, aber nicht mehr wirklich braucht (und es braucht doch in Wirklichkeit den Körper mehr als das Wort, der Körper ist ihm wichtiger): Da ist ein Jünger, er spricht, um den Erlöser noch zu erreichen, der ihn verlassen hat. Noch heute möchte er mit ihm im Paradies sein, aber das geht nicht. Er will ihn wieder zurückbekommen, denn nur von ihm, dem Erlöser, kommt das Heil, das immer sein Heil ist, und jeder hat in ihm seinen eigenen Erlöser gefunden, der ein Mensch war, ein Mensch, der er gern oft gewesen ist. Aber ein Mensch ist er nun nicht mehr, der Erlöser. Wollte er auch nie sein: Mensch. Indem er menschlich war, zu allen, indem er ein Mensch war, war er kein Mensch. Sein Lieblingsjünger hat vielleicht mit seinem Klingeln, mit seinem Rauschen den Dahinrasenden gestört, aufgeschreckt im Rasen, den Altersjüngling, der sein Blut noch dazu eigens gedopt hat, für die Schnelligkeit des Phaeton zurechtgemacht, wie es Sportler eben tun müssen, um mithalten zu können, um siegen zu können. Jetzt hat er den Erlöser aber gestört, der Lieblingsknabe, hat das Erlösungswerk, dessen wichtiger Teil er doch war, dieser Jünger, hat das Werk gestört und den Erlöser gleich mit zerstört. Der ist jetzt kaputt. Damit er noch besser erlösen kann? Jetzt kann ihm ja keiner mehr was anhaben. Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Wer faßt sich nicht kurz, wenn er zu den Menschen spricht, wer faßt sich nicht kurz ans Gemächt, um die Menschen zu übermächtigen? Die Bauernbuben strömen zusammen, von den Höfen strömen sie herbei, in die Discos strömen sie, wo auch sie erlöst, aber keinesfalls enderlöst werden, sie werden ja noch gebraucht, sie bringen nicht viel Erlös, aber erlöst wollen sie werden, der eine will diese Erlösung, der andre eine andre, einen guten Job, eine Überbrückungshilfe, bei der man die Brücke aber verschmäht und in den Fluß springt, man kann schließlich schwimmen!, ein paar Brocken Kindergeld, doch die Kinder werden davon nicht mehr. So. Eine schützende Hecke vor dem Einfamilienhaus, das man sich wünscht, wie es sich jeder wünscht, ein Betonsockel, getarnt mit Thujen, oder Thujen, getarnt mit Beton?, und da kracht der Erlöser dann dagegen und wird mitsamt dem wunderbar schönen, schweren, starken Auto zerfetzt. Manchmal müssen auch Starke dran glauben. Und hättet ihr den Glauben nicht, so wäret ihr tönendes Erz und klingende Maulschelle. Niemand hätte einem solch starken Gefährt ein Leid zufügen können. Der Betonsockel, die Hecke, die konnten es aber. Die Bauernbuben sind zurückgelassen worden. Sie werden nicht hervorgeholt werden können, denn hervortreten muß der Erlöser ja immer allein. Frau und Töchter weinen, aber er tritt nicht mehr hervor, indem er immer deutlicher hervortritt, sich immer deutlicher abzeichnet. Er kann es nicht. Selber hervortreten. Er tritt als ein andrer hervor, denn er kann sich nicht entbehren, und niemand kann ihn entbehren. Er kann nicht weg sein. Er hat genug erlöst, doch jetzt muß er weiter erlösen, man läßt ihn nichts andres tun, das versteht sich, erlösen kann er am besten. Menschen mit Herz, die nicht ohne zu schluchzen über ihn sprechen können, sind um ihre Erlösung geprellt worden, die wollen doch noch drankommen! Andre sind in einem Lokal stehengelassen worden, ganz allein, sie sind jetzt ganz alleine, der Erlöser wollte in ein andres Lokal, wollte sie nicht mitnehmen, nicht einmal den Lieblingsjünger mitnehmen wollte er. Es gibt Orte, an die sogar ein Kaiser zu Fuß geht, aber dann fährt er wieder, der Landeskaiser, was er nicht hätte sollen. Die Grundstimmung des Erlösers ist heiter gewesen. Heiter, wenn er Hilflose, Ortlose auf eine Alpe schickt, mitten in die gute Luft hinein, was kann man sich mehr wünschen?, man kann sich nichts mehr wünschen, so deportiert in eine Sonderanstalt, wie man jetzt ist, ja, der Erlöser ist ein besondrer Mensch, eigentlich gar kein Mensch, ein Jesus, ein Erlkönig mit rasenden Pferden unter den Füßen, eines allein genügt ihm ja nicht, die aufs Gas treten und gern noch mehr Gas geben würden, wenn es da wäre, aber das ist verboten. Er tut es trotzdem. Das Angasen ist sein Hobby, das Gasgeben war schon das Hobby seiner Vorfahren, alle tun es, er kann es besser, hier wird auf Tradition gehalten, weil einen sonst nichts hält. Das Land ist schön, aber was kann einen hier halten? Die Menschen im schönen Land würden nur zu gern mit ihrem Erlöser auf- und davongehen, aber das Entscheidende ist ja, daß er sie erlöst, wo sie sich bereits befinden, und von allen andren nichts wissen wollen und nichts wissen müssen, es sei denn, sie machten Urlaub, einmal im Jahr, bei andren, die aber Freunde sind. Sonst würde man sie nicht besuchen. Dazu das Schifahren, das Radfahren, das Mountainbiken, das Wandern, das Klettern, das Kommen, nein kommen tun die Fremden, man selber geht, man geht in die Berg, wo i gern bin, andre nicht, die wollen nicht auf die Saualpe, aber sie müssen. Der treue Wanderkamerad spricht von der Freude der Gipfel, das ist kein leeres Kommen, das sind keine leeren Kilometer, die man abspult, wenns in die Berge geht, wo die Höhepunkte stattfinden; da werden Orte zugeteilt, an die Fremde sich flüchten, dort können sie allein unter sich und nicht mehr fremd sein, doch der Erlöser ist nur für uns zuständig, für uns allein, und seine Worte fangen immer an, denn die Worte eines Gottes fangen immer an und finden dann wieder kein Ende, auch wenn das Ende längst dagewesen und wieder gegangen ist und der Erlöser mit ihm. Es zeigt sich keine Spur des Erlösers mehr, doch seine Spuren sind so unentfernbar, sie sind größer als er!, daß sie niemals fern sein werden. Noch eine kleine Weile, und ich bleibe bei euch, und wieder eine kleine Weile, und ich bin nicht mehr bei euch, und wieder eine kleine Weile und so fort, und ich muß fort. Viele kleine Weilen sind oft Langeweile. Die wollen wir nicht. Was wir wollen, darf uns keinesfalls versagt werden, an dem, was wir nicht wollen, versagen wir selbst. Der Rest kommt für die Endlösung in die „Sonderanstalt“, und von dort kommt er nur weg, auf die Deponie, das steht auf der Kippe, daß die bei uns bleiben dürfen, aber dafür unerlöst, auf ewig. Erlöst nur die Unsrigen, mit Anspruch, ohne Maß, die sich ihm fügen, dem Erlöser, der sie entmachtet, denn er braucht alle Macht für sich allein. Überall hinterlassen sie ihre Losung, die Erlösten, die Maßlosen, die sich in vom Erlöser Entschiedenes fügen, die bringen was, die bringen es, die bringen den Erlös, aber leider nur wenig. Diese Erlösten sind zu klein für den Erlöser. Er will noch mehr erlösen. Der Erlöser täuscht nicht mehr darüber hinweg, daß hier nur wenig Losung zu erzielen ist. Die Knaben von den Bauernhöfen mit ihren roten Gesichtern, die unter der künstlichen Sonne erbräunt sind, die sind die Losung, mit der immer und überall bezahlt werden kann, ihre Liebe ist die Losung, die übrigbleibt, die Hinterlassenschaft. Sie sind jetzt verwaist, obwohl sie genauso erlösen wollen. Jetzt wissen sie ja, wie das geht. Sie werden es nie können. Es gibt nur einen Erlöser, aber viel Losung von irgendeinem Kleinvieh. Das glänzende Sonnenfahrzeug hat Anker geworfen, im Schlamm, im braunen. Der Schlamm, der Dreck ist es, wo der Erlöser gewurzelt, Anker geworfen hat, worauf er gründet und gegründet wurde mit seiner heiteren Grundstimmung, die immer gestimmt hat, denn der Erlöser ist auch Sänger, seine Stimme gehört schon mal ihm, seine Stimme stimmt, und die andren Stimmen stimmen sich auf ihn ein. Der Lieblingsjünger weint. Er ist beim Letzten Abendmahl zu kurz gekommen, und dann ist er fürs Dessert nicht mitgenommen worden. O weh! Schmach! Zum Dessert hat sich der Erlöser schon woanders gewälzt, in einer andren Panier, für eine andre Flamme, er kann ja hin, wohin er will, er bestimmt das selbst. Die Fremden: weg!, sie werden nicht erlöst und bestimmen nichts selbst, sie kommen auf die Alm, wo sonst nur Tiere ihre Losung hinterlassen. Man kann sie einfach nicht auf andre Menschen loslassen, die Fremden. Sie sind ja selber Tiere, die müssen von den Menschen weggebracht und gesondert eingepfercht werden. Sie haben kein Produkt, das ein Mensch brauchen könnte. Wer reitet so spät? Wer ist bedürftig, wer hat noch nicht, wer ist schon, wer war immer? Das größte Ereignis ist der Erlöser, seit es Ereignisse gibt. Er ereignet sich in einem sehr kleinen Land, aber bitte, immerhin. Er ereignet sich, und dann wandert er, klettert er, fährt er, so schnell er kann. Sein Sein ist einzig, weil er sich nicht als einen Einzelnen sehen kann, wohl aber als einen Einzigen. Wir hatten nur einen wie ihn. So einer kommt nicht wieder. So einen kriegen wir nie wieder. Er kommt vielleicht wieder, aber man wird ihn nicht erkennen können: die Tragik des Erlösers, er kommt immer wieder, auch als ein andrer, doch er muß immer er bleiben, und man erkennt ihn bald nicht mehr. Man erkennt ihn womöglich in einem anderen. Entsetzlich! In einem anderen! Man hat ihn nur dieses eine Mal erkannt, und dieses Mal ist vorbei, es hat ihm das Genick gebrochen und das Herz herausgerissen. Aber vielleicht wird man ihn später in einem anderen wiedererkennen? Nein! Nacht und Wind und Geschwindigkeit haben das vollführt, daß er jetzt ewig da ist, indem er fort ist. Da ist er eingezogen ins Kleine, das ihm zu klein war. Dieses Auto war ihm zu groß und zu schnell. Der Knabe fleht, als ob er mit auf dem Pferd säße, der Vater mit seinem Kind, er erreicht den Hof nicht mehr, auch mit Müh und Not nicht. Die Fremden sind untergebracht, was für eine Ungerechtigkeit, denn der Erlöser wird sein Unterdach nicht mehr erreichen. Der Knabe zieht an ihm und fleht, er will mit, doch dieser Erlöser rast allein davon, mit Alkohol im Blut, wider besseren Rat, keiner hält ihn auf, er ist keiner, der sich aufhalten läßt; das einzige, was ihn außer sich geraten lassen kann, der Knabe, der kann es jedenfalls nicht, ihn aufhalten, und jetzt ist er schon außer sich, der Jesus, man kann ihn nicht mehr erkennen, weil er sich ja auch gar nicht mehr hat. Er hat seinen Körper nicht mehr, aber der Körper des Erlösers ist vielleicht das Wichtigste an ihm, ohne Körper ist er nichts, deshalb zeigt er ihn ja ständig, in wechselnder Verhüllung, manchmal auch ohne, was zeigt, daß er auch ohne Verhüllung ein Erlöser ist. Keine versteckten Taschen, keine versteckten Tatsachen. Die Almosen reißt er sich direkt aus dem Leib. Er ist mit allen im Streit, er ist der Streit selbst, um ihn selbst zu schlichten, nur mit manchen bleibt er unversöhnlich, das gehört dazu, damit seine Güte und Versöhnlichkeit besonders deutlich hervorstechen können. Seine Ankunft ist immer das Kommen selbst. Seine Gipfeltouren sind immer das Kommende, das er noch vorhat, er wird irgendwann oben stehen, aber damit ist das Ereignis schon wieder vorbei, sein Land wird dann ein besseres geworden sein, weil es das immer schon war, durch ihn nämlich, der immer schon zuvor da war, wie es war in aller Zeit, so sei es in Ewigkeit. Obwohl es das ärmste und schwächste ist, das Land, so wird es das beste sein, weil der Erlöser es sagt. Die teuren Knaben sind die Zukunft, aber die Gegenwart schon auch. Sie strömen von den Bauernhöfen und aus den Kleingewerbebetrieben herbei, aus Schulen und Arztpraxen und Apotheken und Universitäten schon auch. Die Jünger. Einer der Lieblingsjünger. Die sind konkurrenzlos. Keine Frau, keine Alten können die Körper der Knaben je ersetzen. Keiner kann das. Der Erlöser will immer das meiste und das Beste, er will es für sich, aber er will es auch für sein Bundesland, das arm ist und klein, aber wenn es dereinst erlöset wird sein, wird es groß sein und reich. Aber das Großsein und Reichsein ist eben immer das, was kommt, nie das, was da ist. Die Bewohner glauben, das alles wäre schon da, aber sie ahnen, daß es doch erst kommen wird, aber für sie ist es jetzt schon da. Indem der Erlöser es verheißt, ist es schon da. Indem der Erlöser seinen Körper den kostbaren Knaben verheißt, haben sie ihn, sie haben den Körper des Erlösers als Geisel. Noch eine kleine Weile, und ich bin nicht mehr bei euch, und wieder eine kleine Weile, und ich bin wieder bei euch. Die kleine Weile wird diesmal lange dauern. Und doch hat der Erlöser auf die Weile gegründet, während andre auf die Langeweile gründen, andre Menschenführer, auf die Langeweile. Nicht so der Erlöser, der gründet, der holt und schafft fort. Der schafft auch an. Ich bin bei euch, alle Tage bis zum Ende der Welt. Nur eine kleine Weile, und ich werde bei euch gewesen sein, indem ich euch sage, daß ich immer noch immer da sein werde. Sonst wäre ich der Erlöser nicht, sonst wäre ich ein guter Kumpel, was ich natürlich auch bin, denn ich bin alles. Ich rase dahin, sagt der Erlöser, ich muß ja überall sein, bis ans Ende der Zeiten, und jetzt klingelt mein Handy und händigt mir die Zeit aus, die mir zugemessen, aber nicht angemessen ist. Angemessen wäre mir eine größere Zeit als die, die ich habe, eine wie sie meine Eltern noch selbst erlebt haben. Diese Zeit ist klein, machen wir sie groß, indem ich bei euch bin, bis ans Ende der Zeit, die mir schon jetzt zu klein geworden ist, deswegen muß ich ja so rasen, kein Vater mit keinem Kind, mit der Droge im Blut rasen, denn ich muß irgendwo sein, ich muß hier sein, ich muß dort sein, das geht nur mit wirklich sehr sehr hoher Geschwindigkeit. Bis zum Ende der Welt jung und mit hoher Geschwindigkeit unterwegser sein als andre, so wie mit einem Karamellbonbon alle zusammener sind, so ist der Erlöser allein, indem er nie allein ist, indem er immer mit jemand zusammen ist, er ist unterwegs, damit er möglichst viel von seinem Weg mitnehmen kann, nicht nur einen Betonsockel, diverse Verkehrsschilder (die er schließlich selber aufgestellt und beschriftet hat, damit jeder sie versteht) und dann sich selbst. Ich bin bei euch. Jünger, Berge, Zweifel, Macht und das schöne Jüngermachen, das Beste am Erlösersein, da kann man sich doch auch selbst jünger fühlen und jünger machen, oder? Zumindest sich verhalten wie ein Jüngerer, dann bekommt man die Jünger. Doch mit der Macht bekommt man sie schon auch dran. Man nimmt sie sich vor. Der Erlöser muß jung sein und ewig jung bleiben. Wer zweifelt noch? Sie alle? Sie dürfen nicht mehr zweifeln, der Erlöser bringt die Weite der Straße zum Untergang und sich selbst auch, doch er lebt weiter, er paßt für sich selbst auf sein Bundesland auf, und er hat gesagt, wahrlich, wahrlich: Paßt mir auf mein Land auf! Das ist aber nicht nötig, denn er wird immer da sein, bis ans Ende der Zeit. Und andre werden immer weg sein, dafür sorgt er schon, bis ans Ende einer bestimmten Zeit, und dann werden sie wieder abgeschoben, die Fremden, die nicht zu uns gehören. Wer zweifelt? Sie alle? Nein, Sie vielleicht, aber alle nicht! Keiner zweifelt. Die Erde verschließt sich nicht, sie ist verschlissen, doch der Erlöser macht sie wieder neu. Alles macht er wieder neu. Der Erlöser öffnet die Welt und fügt sich selbst der Erde hinzu, ohne die es keine Welt geben kann. Die Heimaterde, zu der nur die Zugehörigen gehören, das gehört sich so. Die Geschichte der Welt ist aufgetragen der Besinnung, und eine wahre Besinnung ist nur die Besinnung des Deutschen. Nur das Deutsche hier, das andre woanders. Das fügt der Erlöser alles zusammen, Erde und Welt, und deren Ursprung ist der Streit, sagt der Denker, der Ursprung dieses Erlösers war der Streit um Erde, von der die einen weg müssen und nur die andren, allein die anderen dürfen bleiben, denn die Letzten werden die Ersten sein, das Letzte wird Erster werden. Jünger, Berg, Zweifel, Macht, und das Sich Jüngermachen, das aber nicht geht. Die Bauernbuben von den Berghöfen als Jünger. Ihre ungeformten Gesichter: Jüngergesichter. Das Handy klingelt. Herr, verlaß mich nicht! Keine Sorge, ich bleibe bei euch, wenn auch nicht bei dir!, bei einem allein kann ich nicht bleiben, ich bleibe bei euch, bis ans Ende der Tage. Wer zweifelt? Sie? Ich nicht! Niemand also, denn ich bin alle. Der Jünger ist alle andren Jünger, jeder Jünger ist alle. Wer kein Jünger ist: weg! Auf die Alpe! Dort entsteht ein Lager für Sondermüll, man kann ihn nicht in die gute Heimaterde hineinmischen. Vermischung: überhaupt nicht gut! Die Jünger glauben, aber andrerseits zweifeln sie, doch der Erlöser hat alles in der Hand, er hat sie alle in der Hand (allerdings hat auch mancher ihn in der Hand, doch das ist nicht zu ändern, im Stadtkämmerer wird jeder ausgekämmt, der noch gerade gehen, aber nicht mehr fahren kann), der Erlöser hat sie in der Hand, und er hat alles an der Hand: Jobs, Zuschüsse, Hilfsmaßnahmen, für jeden etwas andres, und der Erlöser hat alles in der Hand und teilt es aus, er behält sich dabei trotzdem in der Hand, er hat sich in der Hand, aber nicht immer. Das Handy klingelt, das Auto ist zu schnell, und da ist ein Betonsockel und dort ein Verkehrsschild gegen alles und jeden, das können wir nicht beachten. Wir behalten alles im Auge, aber alles können wir auch nicht beachten. Wer zweifelt? Die Jünger zweifeln nicht. Andre zweifeln, aber das sind keine Jünger, für diesen Gott sind das nicht die richtigen Jünger, für diesen Erlöser bringen die nicht genug Erlös. Weg! Es ist kein Grund zum Zweifel, denn der Erlöser hat die alleinige Macht. Er hat sie bekommen. Er hat sie von seinen Jüngern bekommen, und jetzt erlöst er, da kann kommen, was will, und wäre es ein Betonsockel. Es wird erlöst. Notfalls erlöst man sich selber, wenn kein andrer da ist. Das Handy klingelt schon wieder. Kleingläubige: weg! Alle andren: auch weg! Nur die Jünger dürfen bleiben, auch wenn sie nicht mehr jung sind, auch dann dürfen sie ausnahmsweise bleiben. Nur wer Jünger ist, darf bleiben. Sonst werden aber keine Ausnahmen gemacht. Die schweren alten Herren aus den Verbindungen, ewig Junggebliebene von den Paukböden (sogar ihre Enkel pauken schon!), sie sind nicht mehr jung, aber sie dürfen auch jung bleiben, durch IHN. Kleingläubige: weg! Wir machen Jünger, und wir machen Jünglinge, und die Jünglinge machen uns wieder jung. Ich bin bei euch, bis ans Ende der Zeit, bis ans Ende der Tage. Welcher Gott, welcher Mensch könnte sich aber dem Wesen des Nichts widersetzen? Manche können sich dem Erlöser widersetzen, bitte, werden sie halt nicht erlöst, aber dem Nichts kann sich dann doch keiner widersetzen. Und das Nichts wird schöner mit jedem Tag, da es an die Auferstehung gehen mag. Mir ist alle Macht gegeben, sagt der Erlöser auf einmal, da ahnt er vielleicht schon das Nichts, das auf ihn wartet, das er aber auch noch bezwingen wird, im Namen des Vaters, der tot ist. Wir werden auch tot sein, doch gleichzeitig nicht tot. Untot. Erlöser sind Untote, sie steuern den ewigen Kampf zwischen den Lebensinteressen der Menschen und der ewigen Seligkeit des Drüben, in das ER vorausgegangen ist, zu schnell, aber immerhin, er ist dort, über die Straße und dort. Mir ist alle Macht gegeben, überall, auch auf der Saualpe, dort ganz besonders, die Macht über Machtlose ist nichts gegen die Gegnerschaft zum Berg, der bezwungen werden will, vielleicht will er nicht, aber er wird, doch die Ungläubigen: auf die Alpe! Ins Sonderlager, zum Sondermüll, denn wer kein Jünger ist, der ist kein Mensch, und manche dürfen nicht Jünger werden und können es auch nicht. Sie haben die Voraussetzungen dafür nicht, so setzen wir sie raus. Man schafft sie fort, und durch diese Machenschaft befestigt der Erlöser seine Herrschaft über die Kärntner Erde. Aber auch überall sonst. Es ist so. Es war so. Der Erlöser steht auf und droht den Winden und dem Wörthersee und der Saualpe und der Straße und dem Phaeton, dem Sonnenwagen, den Verkehrsschildern, den Vorgärten, den Betonsockeln, den Thujenhecken, den langsameren Autofahrern, die man überholen muß, denn der Erlöser ist immer vorn, sonst sieht man ja nicht, von wo die Erlösung kommt, der geht immer voran, in seinem Schlepptau die Bauernsöhne, die Göttersöhne durch ihn, den Erlöser, das Handy klingelt, und es tritt völlige Stille ein, nachdem der Erlöser allen noch einmal gedroht hat. Keiner darf auch nur zweifeln. Sie müssen alle glauben. In Ewigkeit amen.

22.10.2008

Bilder: 1: Haider-Begräbnis, Der Standard, 2: Fremdenverkehrswerbung aus Kärnten



Von Ewigkeit zu Ewigkeit © 2008 Elfriede Jelinek
2) Begrabt Haider

Von Andreas Exner am Samstag, 18. Oktober 2008

3) stermann und grissemann in “willkommen österreich”

22.Sep 2008

danke hai.

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stadtarchitektur ist manchmal sehr grausam, zumeist aber langweilig. selten aber passiert das, was benedikt so trefflich als “still herbeigesehnt” umschreibt: an einem der häßlichsten häuser wien, ecke hörlgasse/wasagasse im wiener alsergrund, hat einE gönnerIn, oder auch mehrere, mir eine große freude bereitet, die sich täglich am weg zur arbeit wiederholt, indem sie/er einen süßen elefanten angebracht hat. wer auch immer hinter “hai” steckt, ich lade euch zum essen ein.

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20.Sep 2008

queru lantes

ob es die leichtigkeit ist, im netz avatare zu bilden, größere personengruppen ohne aufwand zu informieren oder eine eindeutige alterserscheinung: ich werde zusehends zum email-querulanten. folgend zwei beispiele mit unterschiedlichen erfolg: die brauerei ottakringer schaltete im fernsehen in vorbereitung der fußball-em in wien eine kampagne, die zwei etwas vertrottelte fußballfans als proponenten des biertrinkenden österreichers präsentierte. so weit so gut. bei einem der sujets ging allerdings den proseccoaffinen werbefuzzis die fantasie durch und sie bemühten miesesten sexismus verknüpft mit gewaltverherrlichender verniedlichung um ihre “trinkt ottakringer”-botschaft rüberzubringen.

ich setzte mich spätabends vor meinen pc, schlüpfte in die rolle eines achtköpfigen biertrinkenden fuballfankollektivs und schrieb an ottakringer:

 sehr geehrte damen und herren!

der fußbalstammtisch, dem ich angehöre ist entsetzt über die letzte fernsehwerbung ihrer firma. der sexistische grundton wird noch mit einer anspielung auf häusliche gewalt verstärkt. “unsere frauen haben das falsche bier eingekauft, das hat ein nachspiel gegeben”. nicht alle männer sind dumpfe patriarchen. wir, das sind 8 fußballfans haben beschlossen ottakringer zu boykottieren und dies über alle unsere mailinglisten zu verbreiten. ausserdem werden wir leserbriefe in zeitungen zu schreiben.

ich ersuche sie, uns mitzuteilen wie es zu derartigen dumpfheiten kommen kann, und wie sie dazu stehen.
hochachtungsvoll
karl lanz
wsc9-stammtisch

Bereits am nächsten morgen, so gegen neun, erhielt ich eine erstaunliche antwort der marketingleiterin von ottakringer:

Sehr geehrter Herr Lanz,
Sehr geehrter wsc9-Stammtisch!

Als verantwortliche Marketingleiterin darf ich Sie darüber informieren,
dass ich heute den Austausch des Werbespots veranlasst habe.

ORF tauscht noch heute gegen unser Sommersujet.
Die Privatsender laufen leider noch bis Ende der Woche.

Es tut mir sehr leid, dass wir Ihre Emotionen verletzt haben, aber die derzeitige
negativ Berichterstattung (causa Amstetten), die natürlich auch uns erschüttert hat,
war leider zum Zeitpunkt der Kampagnengestaltung nicht vorherzusehen.

Der Spotinhalt sollte niemals auch nur annähernd zur Gewaltanwendung anregen.
Natürlich versteht man das in Zusammenhang mit den derzeitigen Medienberichten
genau falsch. Das war weder meine noch unsere Absicht.

Mit den besten Grüßen,

Prok. Claudia Maschke
Marketingleitung, Stellvertreter des Vorstandes

bier


der tag war für die gute frau sicher nicht einfach und es war mir klar, dass ich offensichtlich einer von hunderten war, der gegen dieses sujet einwände erhob. erstaunlich allerdings die offenheit der marketingleiterin. sie glaubt, “unsere gefühle verletzt zu haben”, als wären wir religiöse fanatiker und, noch kurioser, sie glaubt einen falschen zeitpunkt zu erkennen, da kurz zuvor der fall fritzl in amstetten für öffentlichkeit gesorgt hat. kurzum, sie fühlt sich als opfer der verhältnisse, die einfach vom pech verfolgt war. ich schob ein scheit nach, um die flamme zu nähren:

sehr geehrte frau maschke!
danke für ihre rasche antwort und ihre reaktion. offensichtlich waren wir nicht die einzigen, die sich an dem spot gestoßen haben.  es ist aber nicht so, dass sie unsere “emotionen verletzt haben” und dass der zeitpunkt ungünstig wäre (amstetten), sondern eine politische haltung, die auch durch marketing auf das produkt abfärbt.

ich arbeite selbst im medienbereich und so weit ich das verfolgt habe hat ottakringer sich durchaus als witziges, lebensfrohes, innovatives produkt gesetzt. welche agentur ihnen jetzt eingeredet hat, dass dieses dumpfe sujet werben könnte, erscheint mir schleierhaft. es muß das produkt spätpubertierender männer sein, dass von ihnen, warum auch immer, genehmigt wurde. warum haben sie nicht etwa 2 frauen beim biertrinken auf einer terrasse gezeigt,  mit einem text wie “wir habens gut, die in der fanmeile schwitzen und haben keine chance auf ein ottakringer”, anyway!
was schlagen sie als versöhnungsangebot vor?

schönes wochenende
karl lanz

ich wollte nochmal auf den politischen charakter verweisen und machte eine hintertür für bestechungen aller art auf.  ein freund von mir erzählte mir, dass er mein mail gelesen hat und für die eröffnung der bikekitchen nicht wie vorgesehen 20 kisten ottakringer, sondern biere einer anderen marke einkaufte. zumindest ein mikroschaden ist der brauerei erwachsen.

frau maschke hatte ihre fassung wiedererlangt und handelte so, wie es kommen mußte:

s.g. herr lanz,

mein Versöhnungsangebot: würden Sie sich mit unserem “inoffiziellen Fanbier”
als Gratisware anfreunden können? :-))

lg. c. maschke

schon sehr vertraulich, und trotzdem sehr professionell. ich dachte, ich zier mich noch ein bischen und nehm dann an.

sehr geehrte frau maschke

falls sie mir versprechen, dass, solange sie marketingleiterin sind, sexistische werbung und gewaltkonnotationen nicht mehr vorkommen, nehme ich ihr versöhnungsverbot gerne an.

lg
k. lanz

mir war klar, dass dieses versprechen nicht mehr kam, dass sie unsere biertrinkenden seelen versöhnt sah und eine ihrer sekretärinnen mit der abwicklung der lieferung beauftragte. allein die menge hat mich dann nochmals in staunen versetzt. insgesamt 112 0,5 l-flaschen und dosen und  allerlei merchandise-kram wurde angeliefert. dem boten seis gedankt. die standard.at verfasste noch eine kleine geschichte dazu, alles in allem eine sehr runde geschichte mit wenig aufwand.

weniger erfolg hatte ich mit der beschwerde beim magistratischen bezirksamt hernals wegen der demontage eines fahrradständers in der weissgasse. freundliche geister hatten dort, wo längst ein fahrradparkplatz von nöten war, einen montiert und halfen damit ohnehin knappen bezirksbudget zu sparen. wie nicht anders zu erwarten war der platz auch stark frequentiert. eines tages wurde er allerdings wieder entfernt und ich dachte mir, eine eingabe bei der zuständigen bezirksvertretung könne aufklärung bringen:

22.Aug 2008

checkpoint linz

heide und ich habe zur subversivmesse in linz im mai 09 folgendes projekt eingereicht:

checkpoint linz

Wenn in Linz nur die Donau fließt, wird dann unter dem Pflaster schon der Strand sichtbar? Vor der Folie von checkpoint austria (Dez. 2000) wird eine Wiederaufnahme der beliebten medialen Auseinandersetzung um den Diskurs von Freiheit und seine Reduktion auf die Teilhabe am Verkehrsaufkommen erprobt. Die topographische Anordnung der Stadt erlaubt einer kleinen Anzahl von AktivistInnen bedeutsame diskursive und räumliche Effekte zu erwirken. Eine Teilhabe am Projekt ist spontan möglich. neigungsgruppe donauschwimmen (AT), eingereicht am 25.07.2008

Ausgehend von der Dokumentation der Text- und Bildrezeption von checkpoint austria liegt der Fokus unserer Intervention auf einer Störung des Fließerlebnisses von automotorisierten VerkehrsteilnehmerInnen. Im Rahmen einer medialen Auseinandersetzung wird ein taktisches Spiel um politische Interventionen im öffentlichen Raum geboten. Darin wird ein Erproben von Aktionsformen möglich, die inhaltliche Variabilität erlaubt den wiederholten Vorwurf der Beliebigkeit. Eine Kompilation von Materialien vom 6. Dezember 2000 (bisher unveröffentlichte interne Protokolle der Vorbereitungsgruppe, Tageszeitungsartikel, wissenschaftliche und künstlerische Interpretationen, Merchandisingartikel u.ä.) bilden das Inventar der Koje und bieten eine assoziative Verbindung zum gegenwärtigen Projekt. Der Messestand wird zum diskursiven Raum taktischer Auseinandersetzungen, inhaltliche Forderungen werden weitgehend ignoriert.

Die zentrale Auseinandersetzung passiert vor Ort: Intervention „checkpoint linz“. Die breit lancierte Ankündigung einer Irritation des Gewohnten – konkret des motorisierten Individualverkehrs und seiner Freiheitsversprechen – verändert die Position politischer AkteurInnen, sie mutieren zu medial kompetenten SprecherInnen. Eine Vielzahl an konkreten Handlungsoptionen resultiert aus einem Beziehungsgefüge, das die Gewohnheiten behördlicher, politischen und medialen Aufmerksamkeitsformen nützt und in seiner Zielorientierung lediglich das Gelingen der Störung impliziert.

auto.jpeg

Zeitplan:
Im Jänner wird eine Losung gewählt, ein Piktogramm präsentiert (eine hochgezogene Zugbrücke mit abstürzendem Auto) und eine Homepage eingerichtet. Anfang April werden die Blockaden der Donaubrücken in Linz polizeilich angemeldet, um eine Ausgangspunkt zu markieren. Die folgenden Behördenreaktionen werden umgehend medial kommuniziert, Aktionstag ist der Schlussabend der Subversivmesse.

1.May 2008

tages anzeiger.

“Tages-Anzeiger” (Zürich, Schweiz): “Im erzkatholischen Niederösterreich sind Worte wie Zivilgesellschaft und Eigenverantwortung noch immer fremd. Lehrer, Priester, Bürgermeister sind unangefochtene Autoritäten, der Landeshauptmann regiert wie ein feudaler Fürst. In einer solchen Gesellschaft fragt man nicht nach. Wenn die Obrigkeit nicht eingreift, wird alles schon seine Ordnung haben. Ein Ingenieur ist hier noch eine Respektsperson. Zwei Enkelkinder (und vermutliche Kinder) von F. gingen in Amstetten zur Schule. In welchen Verhältnissen sie genau aufwuchsen, wollten die Lehrer nicht wissen. Es waren halt ruhige Kinder. Da fragt man nicht nach. In Niederösterreich wird Autorität noch groß geschrieben, hinterfragen klein.”

der bundesalfred sieht das nicht so, wenn er den 1. mai dazu nützt, sein volk zu beruhigen, die autoritätsverhältnisse ausdrücklich in schutz nimmt: “wir lassen nicht zu, dass ganz österreich, dass unsere gesamte bevölkerung von einem kriminiellen, grausamen einzeltäter in geiselhaft genommen wird.”

es ist 2. mai 11 Uhr 20, und ich hab den selben gusischen wortlaut bereits in 6 verschiedenen zeitungen gelesen, keine einzige hatte auch nur einen deut auszusetzen.

30.Apr 2008

zu politisch.

das possenhafte der autorität könnte einEn schon ab und an zur verzweiflung treiben, wenn man/frau an die gerechtigkeit glauben würde oder seine eigenen aktivitäten zu wichtig nimmt.

zum bereits vierten mal legt die go dogma eine mit hundert stück limitierte “erste- mai-marke” auf. bereits 2006 mußte das sujet wesentlich verstümmelt werden, um den strengen augen der kommission der abteilung meinemarke.at in der postverwaltung zu gefallen. nicht nur hammer und sichel sondern auch sternspritzer und sonstige extremitäten mußten entfernt werden, um den nirgens festgelegten kriterien für personalisierte briefmarken zu genügen.

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heuer wollten wir ein wohlfühlsujet, ein in himmelblau gezeichnetes portrait von fidel castro, auflegen. zu unserer überraschung wurde dieses ansinnen abgelehnt.

fidel2008.jpg

die zuständige sachbearbeiterin begründete dies so:

Sehr geehrter Herr Wendt!

Ausgeschlossen aus der Produktion sind Biltmotive, die sittenwidrig sind und/oder gegen geltendes Recht verstoßen.

Mit freundlichen Grüßen

Herma Heiss
Österreichische Post AG
Abteilung Philatelie/ZK
Postgasse 8
1011 Wien
Tel.:+43(0)577 67 22866
Fax:+43(0)577 67 21626

da wir wohl der irrigen ansicht waren, dass unser entwurf weder sittenwidrig wäre, noch gegen geltendes recht verstossen würden, fragten wir nochmals nach:

Sehr geehrte damen und herren!

wir haben schon öfter was bei ihnen bestellt und noch nie probleme gekriegt. können sie uns bitte mitteilen, warum die marke von der zeichnung nicht gedruckt werden darf?

und können sie uns vielleicht insgesamt die kriterien nennen, damit wir nicht öfter probleme kriegen.

liebe grüße

kurt wendt
go dogma

die antwort ließ nicht lange auf sich warten:

Sehr geehrter Herr Wendt!

Diese Marke war uns zu politisch.


Mit freundlichen Grüßen


Herma Heiss

Österreichische Post AG
Abteilung Philatelie/ZK
Postgasse 8
1011 Wien
Tel.:+43(0)577 67 22866
Fax:+43(0)577 67 21626
E-Mail:herma.heiss@post.at

schmecks. würden wir jetzt kleinlich sein, könnten wir uns an der formulierung stossen. wer ist dieses “wir”, dem die marke “zu politisch” war?

um unsere reihe nicht abreissen lassen zu müssen, griffen wir zu einem harmlosen sujet. schwarze marke mit verschwindend kleinem aufdruck in rot “1. mai 2008″. die strenge kommission ließ noch einmal gnade walten und druckte es, und ihr könnt dieses zeithistorische dokument um 3 euro kaufen.

0000-1mai2008.jpg

schönen 1. mai wünsch ich!

p.s.: als eine nichtpolitische marke ist die der christlichen postgewerkschaft zu sehen, die am 12.März in auftrag gegeben wurde. die antwort ist auf der marke selbst zu lesen, “denn das C macht den unterschied!”

fcg-post.jpg

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19.Mar 2008

schaden ersatz.

das leben beschert einem so manches malheur. in einer gesellschaft, in der sich mit angst vortrefflich geschäfte machen lässt, zahlt fast jedEr schutzgelder an vertrauensvoll werbende versicherungskonzerne. neben den gesetzlich vorgeschriebenen sozial-, pensions-, und arbeitslosenversicherungen zahle ich seit über zehn jahren schutzgeld an die wiener städtische versicherung in form einer haushalts- und rechtsschutzversicherung.

unlängst setzte ich mich irrtümlich auf den sehbehelf meiner freundin und schilderte das malheur meinem mir zugewiesenen versicherungsvertreter. dieser wahrhaft überaus freundliche und sympatische mann nahm den schaden auf, prüfte sorgfältig, war sogar mit einer gescannten rechnung über sechsundneunzig euro zufrieden - alles schien seinen lauf zu gehen.

die schadensabteilung prüfte noch genauer und der freundliche mann sah sich genötigt mir folgendes email zu schicken:

ich habe heute Montag eine Mitteilung unserer Schadensabteilung bekommen.
Die geht von einem 50%-igen Mitverschulden von Frau H. aus, weil sie ihre Brille auf einer Sitzgelegenheit abgelegt hätte. Können Sie mich deswegen bitte nochmals kurz anrufen:

ich ignorierte seinen wunsch, auch wenn ich das gefühl hatte, ihn eventuell trösten zu müssen und schickte ihm stattdessen folgendes antwortmail:

Sehr geehrter Herr F.!

Der Hocker auf den ich mich irrtümlich gesetzt habe wird von Frau H. nicht als Sitzgelegenheit genutzt, sondern als Ablage. Es war mir sehr peinlich, den Schaden verursacht zu haben und ich finde ihren administrativen Aufwand für einen 96 Euro-Schaden äußerst peinlich. Ich werde den Schaden lieber selbst begleichen, als Frau H. zu erklären, sie wäre mitschuldig an meinem Mißgeschick!

Ich habe in über 10 Jahren 2 ganz kleine Schadensfälle gehabt und muß mich jetzt um einen kleinen Schaden kümmern, als wäre das Haus abgebrannt.
Sollten sie die Angelegenheit nicht ohne weitere Aufwände meinerseits erledigen können muß ich meine Zusammenarbeit mit der Städtischen in Frage stellen.

ich war gespannt, ein schönes spiel. die antwort liess keine zwei stunden auf sich warten.

Sehr geehrter Herr Wendt,
Frau H. hat den Rechnungsbetrag für die Brillenreparatur in voller Höhe überwiesen bekommen. Ich bitte Sie um Entschuldigung für die aufgetretenen Hindernisse. Sie haben Ihren Teil zur Schadensabwicklung sehr korrekt beigetragen und haben zu Recht eine einfache Erledigung erwartet.
Bitte tragen sie uns nichts nach und genießen Sie Ihren Urlaub in der Ramsau!

und wieder wollte ich den mann trösten, ich hielt mich aber zurück, schliesslich trägt er doch nur zur erfolgreichen firmengeschichte bei. und die achtundvierzig euro, die sie mir offensichtlich kulant draufschlagen, um mich nicht als kunden zu verlieren, haben sie bereits erfolgreich tausenden anderen in der slovakei aus der tasche gezogen.

wrstadtische.jpg

wer glaubt, die beste versicherung wäre, aktien einer erfolgreichen versicherung zu kaufen, sollte auch vorsichtig sein. börseninsider formulieren die momentane lage wie folgt:

Charttechnischer Ausblick: Die Aktie von WIENER STÄDTISCHE hat sich zuletzt innerhalb einer breiten Seitwärtszone bewegt. Der Ausbruch aus dieser Seitwärtszone wurde nun sehr deutlich bestätigt. Das Kursziel liegt derzeit beim sichtbaren Tiefkurs von 44,05 Euro. Ein Widerstand wartet hingegen bei 51,33 Euro. Hier käme es zu einem Gapfill des erst kürzlich entstandenen Down-Gaps.

ich werde meine haushaltsversicherung wohl behalten, um die höchstwahrscheinliche überschwemmung in der wohnung unter uns bezahlen zu können, weil jederzeit der waschmaschinenschlauch platzen könnte. und die rechtsschutzversicherung behalte ich, um gegebenfalls die haushaltsversicherung zu verklagen, falls sie den wasserschaden nicht bezahlen will. aber sonst, ich schwörs!, gehe ich unversichert durchs leben!

2.Mar 2008

um armt.

meine berufliche beschäftigung bringt es zuweilen mit sich, dass ich informationen erhalte, die man/frau sonst beflissentlich überliest, und dies, zum allergrößten teil zurecht. meine lesegewohnheiten nähern sich dem eines scanners an, gestoppt nur durch beruflich vorgegebene keywords oder sporadischer neugier oder schwärmerei. oft ist es nur eine verunglückte schlagzeile (”die leere nimmt ständig zu”; zur situation der verkaufsläden im ortszentrum von horn im waldviertel), die mein herz erwärmt, manchmal ist die kuriosität einer an sich tragischen amtlichen erklärung kaum zu überbieten (so versucht eine frau aus voitsberg ihren mann, karl marx, für tot erklären zu lassen, der, so vermutet man, voriges jahr beim tauchen ertrunken ist - dazu mehr in einigen tagen) und gelegentlich ist die bildhafte vorstellung einer leserInnenbriefschreiberIn vor, bei und nach ihrer tat ein zwiespältiger genuss.

so etwa der brief von herrn sowieso in der wienerzeitung vom 27. feber: der gute mann beschreibt, dass er auf einem u-bahn-bahnsteig von einem osteuropäisch wirkenden mann völlig grundlos umarmt wird. die tatsache, dass ihm nichts geklaut wurde führt er auf seinen dichtgeschlossenen wintermantel zurück und den lesy schreibt er, um alle anderen schon jetzt zu warnen, sich vor allem im sommer, wenn der gepanzerte mantel keinen ausreichenden schutz mehr verspricht, nicht öffentlich umarmen zu lassen. ganz sicher ist sich der mann, dass es keine anderen gründe gibt, ihn zu umarmen, schon gar nicht für einen osteuropäischen mann, ihn den lustfeindlichen homophoben rassisten. noch wähnt er sich nicht allein, warnt alle gleichgesinnten via wiener zeitung vor dem osteuropäisch anmutenden umarmungstrick und die wiener zeitung bietet ihm eine plattform.

hug-the-world.jpg

politischer kopf der bande ist übrigens der australier juan mann, der mit seiner “free hugs-campagne” hinterhältiges umarmen salonfähig machte.

15.Feb 2008

weder noch.

in manchen situationen wünscht man sich die formale logik als kampfgefährtin, die immer dann zuschlägt, wenn sie am heftigsten ignoriert wird. dies kann harmlos und entzückend sein, wenn zum beispiel die österreichische polyamory-gruppe schreibt, polygamie und monogamie stünden sich nicht im weg und schliessen sich nicht aus.

ganz heftig zugeschlagen hätte die kampfgefährtin ohne respekt vor dem hohen amt bei bundeskanzler gusenbauer, der wörtlich “ich schliesse einen untersuchungsausschuss weder aus noch ein”. sollte er annehmen, dies wäre feiner humor, um seinen grenzenlosen opportunismus überdecken zu können, würde sie, die logik, wahrscheinlich ein zweites mal zuschlagen.

dass mit sozialdemokratInnen aber längst nicht mehr zu spassen ist, bewies ögb-tirol-chef franz reiter in der heutigen tiroler tageszeitung. er sei als schifahrer gewohnt, durch rote und blaue flaggen zu fahren, und wörtlich zu den tiroler landtagswahlen befragt: “Mir ist jede koalition für die SPÖ recht”.

gusenbauer-und-reiter.jpg

gusenbauer, reiter, gschwendtner

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